Donnerstag, 2. Juni 2011

Streichquartette von Joseph Martin Kraus

Er gilt als der „schwedische Mozart“: Joseph Martin Kraus. Mit dem berühmten Kollegen teilt er dabei nicht nur das Geburtsjahr – er hat ihn auch nur um ein halbes Jahr überlebt. Der aus dem fränkischen Miltenberg stammende Musiker begann zeittypisch in der Tradition der Mannheimer Schule und entwickelte sich bald zu einem der eminentesten Vertreter des musikalischen Sturm und Drang. 

Karriere machte Kraus jedoch nicht in seiner Heimat, sondern in der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Er war Kapellmeister im Dienste des schwedischen Königs und erlebte das (wiederholt als Opernhandlung dramatisierte) Attentat auf Gustav III. bei einem Maskenball aus nächster Nähe.
Sein ausgeprägter dramaturgischer Instinkt, der sich auch in einigen Opernkompositionen zeigte, durchwirkt auch die Streichquartette, von denen hier drei in einer schönen Neuausgabe erschienen sind.

Es handelt sich dabei um durchaus experimentelle Werke mit originellen und effektvollen Einfällen, so im Allegro des D-Dur Quartetts mit seiner asymmetrischen Stimmführung oder den Echowirkungen des gleichen Werkes. Melancholisch wirkt die fahle Elegie und merkwürdig gebrochene Melodik des f-moll-Quartetts.

In Kraus‘ Musik finden sich Einflüsse Haydns, Glucks und Mozarts – eingeschmolzen in dichten, substantiellen Satz voller Schwung und Feuer, Zartheit und Eleganz. Mozartisch ist die Lust an figurativer Fragilität, die gerne mit barockem Kontrapunkt verbunden wird. Seine Steigerungen – ganz nach Mannheimer Gusto – baut Kraus mit Direktheit und Stringenz. Auffallend ist die Dominanz der Molltonarten, der dunklen Stimmungen, die pathetische Grundhaltung, die Gluck viel verdankt.

Warum Joseph Martin Kraus nach seinem Tod rasch vergessen wurde, ist nicht recht einleuchtend. An der Musik kann es nicht liegen, die ist ebenso gut wie die seiner bedeutenden Zeitgenossen Mozart und Haydn – nur eben ganz anders. Dass einige seiner Werke auch Joseph Haydn zu geschrieben wurden, spricht ebenfalls für das Urteil des „Vaters der Wiener Klassik“. Der nannte Kraus „eines der größten Genies, die ich je gekannt habe“. Dem sollte man nicht widersprechen.


Joseph Martin Kraus
Streichquartett in f-moll VB 178
CV 50.651
EUR 17,20

Streichquartett in E-Dur VB 180
CV 50.653
EUR 21,40

Streichquartett in D-Dur op. 1,4 VB 184
CV 50.658
EUR 27,40
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen