Fabio Nieder, Spielanweisung zur halbszenischen
Aufführung von „Vom Himmel hoch“

„Vom Himmel hoch ...“ schildert, wie sich ein Engel der Erde nähert, sie für einen Augenblick berührt und wieder davonfliegt in den Himmel. Langsam entschwindet er in eine bessere Welt und lässt die Zuhörer beglückt und voller Sehnsucht zurück. Die Musik ist still, sehr ruhig und leicht, so dass ein einzelner Ton beinahe schon zu schwer ist. Ein Kind könnte das spielen. Mit seiner Naivität und seinem Humor erinnert mich diese Musik an die weihnachtlichen Erzählungen von Jostein Gaarder und vor allem Felix Timmermann.
Auch das zweite hier vorgestellte Stück pflegt eine introvertierte Ästhetik. Zwar steigt hier kein Lichtlein vom Himmel herab, dafür bilden die Außenstimmen aber einen (mit dem Ohr nicht wahrzunehmenden Spiegelkanon). Kaum hörbare Akkorde in extrem weiter Lage bilden ein genau definiertes rhythmisches Geflecht und auch hier sorgt das jeder Spielanweisung nachgestellte „AMEN.“ für heitere Irritationen. Den in den letzten dreihundert Jahren üblich gewordenen Spielanweisungen wie „tenuto“, „intensivo“ oder „tutta la forza“ fügt Nieder weitere Reizworte hinzu: „FREUND“, „Im Abglanz dessen, der neben uns ging“ oder „wie ein Auftakt, neues Leben fühlend“. Das erinnert an Satie, ohne dessen paradoxe Absurdität zu ereichen („Naiv, plump, zärtlich und schwer lustig“).
Die Musik von
Fabio Nieder ist bei weitestem das Interessantes, das mir in jüngster Zeit untergekommen
ist. Ich kennen keinen anderen zeitgenössischen Komponisten, dem es so mühelos
gelingt, echte Spiritualität, Humor und eine entwaffnende Naivität mit
kunstvoll gewirkten Techniken der Neuen Musik zu vereinen. Machen Sie sich
selbst ein Bild...
Fabio Nieder
Vom Himmel hoch, da kommt ein Engel her zu Dir … und fliegt gen Himmel wieder | Verlag Neue Musik NM 11 294 | Leihmaterial
Requiem für einen Namen | Verlag Neue Musik NM 1378 | EUR 12,80