G.F.W.
Hegel
Das Kunstwerk
hat keinen Gebrauchswert.
Oscar
Wilde
Philosophische
Gedanken in Musik ausdrücken – das erinnert doch stark an Franz Liszt, dessen
Jubiläumsjahr gerade zu Ende gegangen ist. Und bei ihm hat es eigentlich nicht
wirklich funktioniert. Gut, dass sich der 1985 geborene Krüger davon nicht
abschrecken lässt: Sein neues Streichquartett besteht aus neun kurzen Sätzen,
in denen historische Definitionen des Kunstbegriffs durch Philosophen wir
Platon, Kant oder Benjamin musikalisch gedeutet werden wollen. Lassen wir den
Komponisten selbst zu Wort kommen: „Positionen versucht, diese ästhetischen
Haltungen musikalisch zu deuten, um dadurch zu einer eigenen Interpretation des
heutigen Kunstbegriffes zu gelangen“.
Das
liest sich erst einmal schrecklich theoretisch und ist hoffentlich nur Krügers,
zum Zeitpunkt der Komposition gerade erst begonnenen Ausbildungsverhältnis an
den Musikhochschulen von Weimar und Graz geschuldet. Man will es sich ja nicht
mit den Professoren verscherzen...
Krügers Musik ist erfreulich unideologisch, mit wachem Geist und einem Witz komponiert, der oft an Mauricio Kagel erinnert (mit dem sich Krüger unter anderem in seinem Stück „Mit Kind und Kagel“ auseinandergesetzt hat). In kompositinstechnischer Hinsicht ist hingegen alles vertreten, was Spaß macht: ein chaotisch wirkende und mit einer Vielzahl von Spielanweisungen versehene „Ouvertüre“ (nicht so schwer, wie sie auf den ersten Blick scheint) stellt die wichtigste Frage an den Anfang: „Was ist Kunst?“ „Ästhetische Ideen“ schweben ätherisch durch den Raum und erzegen durch locker aufgesetztes Flageolett, den konsequenten Verzicht auf Bewegung und „Tempo“ und ein bis zum Schluss aufgespartes „vibrato“ einen „rauschend fiebrigen gläsernen Klang“, der dem Topos mehr als angemessen scheint.
Und so geht es weiter: Jede Position nimmt sich eine der – leider nicht mit abgedruckten Definitionen – des Schönen, Guten und Wahren zum Anlass, um daraus musikalishe Funken zu schlagen. Wenn Schopenhauer sinniert: „Der Künstler ist der Spiegel der Menschheit und bringt ihr, was sie fühlt und treibt, zu Bewusstsein“, so nimmt Krüger dies zum Anlass, mit den musikalishen Konnotationen des Begriffs „Spiegel“ zu arbeiten. Oder im Sinne von „Reproduktion“ einen alten Kassettenrekorder einzusetzen... Oder das „sinnliche Scheinen der Idee“ mit extremen Steigerungen und abruptem Strönmungsabriss zu übersetzen. Schade, dass der folgende Satz schon auf einen verstorbenen Kollegen gemünzt ist – aber es sieht so aus, als könnte er auch auf Thomas Nathan Krüger zutreffen: „Auf den gebt acht, der wird in der Welt noch von sich reden machen“
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