„Pan ist der Gott der Wälder und der Hirten. Ein hässliches Mischwesen,
das (wie ein echter Grieche) die Frauen mag. Er läuft hinter den Nympchen des
Waldes und der Quellen her, doch ohne Erfolg. Das ist sein Drama. Im Übrigen
ist er harmlos, vorausgesetzt, dass man seinen Mittagsschlaf nicht stört. Dann
wird er wütend und versetzt die Menschen in Panik.“
In der Welt der Neuen Musik nimmt Dimitri Terzakis eine Sonderstellung
ein. Weder komponiert er im traditionellen westlichen Stil, noch lässt er sich
allzusehr von der Volksmusik seiner griechischen Heimat beeinflussen.
Atonalität und serielles Tüfteln hat ihn ebensowenig beschäftigt wie Melodik
aus der südosteuropäischen Folklore oder aus der mittelalterlichen
byzantinischen Musik. Dabei ist er – selten genug – durchaus ein Melodiker, der
sich halt in keine Schublade stecken lässt.
Dass man seine Musik dennoch rasch erkennt, liegt
vielleicht am geistigen Hintergrund des 1938 in Athen geborenen Komponisten und
Hochschullehrers, der seit seiner Emiritierung zwischen seiner Wahlheimat
Leipzig und dem griechischen Nauplia pendelt.
An den Musikhochschulen in seiner Heimatstadt und Köln
erhielt er bei Yannis Papaioannou und Bernd Alois Zimmermann seine kompositorische
Ausbildung und entwickelte er als „Komponist zwischen zwei Welten“ eine eigene
musikalische Sprache, die in den Musikkulturen Griechenlands und des östlichen
Mittelmeerraumes wurzelt. Trotzdem ist Terzakis keinesfalls ein bloßer
Nachahmer der uralten Traditionen seiner Heimat. Er nutzt jedoch deren
technischen Elemente, um eine eigene Ausdrucksweise zu entwickeln, in der
horizontale, also melodische Bildungen überwiegen. Diese Melodik bedient sich
nicht des temperierten Systems der abendländischen Musik, sondern verwendet in
vielfältigen horizontalen Operationen Mikrointervalle, die kleiner als Halbtöne
sind.
Und natürlich ziehen immer wieder die Themen der
griechischen Mythologie in ihren Bann – sei es mit dem musikalischen
Schattenspiel „Hermes“ oder der „Hommage à Dionysos“ für großes Orchester.
Auch in seinem 2004/2005 komponierten Zyklus „Drei Götter
für zwei Klaviere“ stehen Figuren des Olymp im Vordergrund. Der eingangs
zitierte Pan, der in Form eines kommentierten Charakterstücks in Tönen gemalt
wird – einschließlich in der Partitur verstreuter illustrierender Glossoalien
wie „Der hässliche Pan“, „Pan macht den Nymphen schöne Augen“, „Die Nymphen
provozieren Pan mit ihren Grazien“. Schade nur, dass das Lektorat nicht immer
besonders gut hingesehen hat („Eine nachte Nymphe singt“ – sollte sie nicht
besser „nackt“ sein?). Hoffen wir, dass der Notentext stimmt.
Musikalisch spielt sich das alles mit Trommelrhythmen im
Bass ab, mit leggiero huschenden Bewegungen oder Glöckchenmotiven. Großer
Spaß...!
... der sich sofort in nebligen Dunst auflöst, wenn wir
mit Terzakis die Unterwelt betreten, in der Pluto herrscht. „Blitze fallen auf
die Seelen“. „Hoffnung“. „Leiden“. Nein, das ist keine angenehme Umgebung –
aber die Musik findet dennoch zu einem friedlichen Ende.
Dass Götterbote auf den ersten Blick im Stil der
französischen Operette daherkommt, sorgt bei hoffentlich nicht allzuseriös
gestimmtem Publikum für befreiendes Schmunzeln. Schön, wie Terzakis mit den
alten Formen spielt und sie mit neuem Geist füllt.
Dmitri Terzakis
Drei Götter für zwei Klaviere
Edition Gravis EG 1842EUR 29,95
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