Montag, 12. August 2013

Felice de Giardini, 3 Duetti a Fagotto e Viola concerta




„Celli können dasselbe wie Bratschen, nur besser!“

Leonard Bernstein


Gewöhnlich fristen sie ein Dasein als „Kellerkinder des Orchester” – die Bratsche als oft verlachte arme Verwandte der Geige und des Cellos („Celli können dasselbe wie Bratschen, nur besser!“ soll Leonard Bernstein einmal gesagt haben), kommt weder richtig rauf noch richtig runter (ein Schicksal, das sie mit dem Sänger-Bariton teilt…) und ist überhaupt viel zu unbeweglich, um jemals brillieren zu können. Und das Fagott? Herrje… das Fagott! Im gesamten 18. Jahrhundert zu einem Dasein als Generalbaßknecht verdammt, dessen Stimme ohnehin von der Orgel oder dem Cembalo mitgespielt wurde und das man deshalb auch gleich weglassen konnte, ohne dass es irgendjemandem aufgefallen wäre… Und wenn ein mitfühlender oder leichtsinniger  Komponist doch einmal ein Solo für das Fagott schrieb, dann kam es schon einmal vor, dass der betreffende Spieler – mit der ungewohnten Aufgabe überfordert – rasch den Zorn des musikalischen Leiters auf sich zog. Stichwort: „Zippelfagottist“. Am Ende duellierten sich dann Komponist und Fagottbesitzer mitten in der Nacht vor dem Arnstädter Schloss und alle hatten nur Ärger. Dass dem Fagott auch von späteren Komponistengenerationen immer wieder gerne die Rolle des Spaßmachers vom Dienst zugewiesen wurde, hat die Sache auch nicht besser gemacht. Nur Hindemith hat dem Fagott eine sehr schöne und ernsthafte Sonate gewidmet – aber der war ja auch Bratscher. Gewissermaßen ein „Fagottist im Geiste…“

Richtige Fagottisten wissen natürlich, dass ihr Instrument in Wahrheit der König aller Holzbläser ist. Wie hohl und leer hingen Flöte und Oboe, Klarinette und Horn in der Luft, würde nicht ein gnädiges Fagott aus dem kunterbunten Sammelsurium von Instrumenten erst ein ernst zunehmendes Bläserquintett machen. Und wenn im „Deutschen Requiem“ von Johannes Brahms die ersten Einleitungstakte erklingen und er Chor sein „Selig sind die Toten“ in den Dom haucht, dann lächeln die Bratscher leise und das Publikum freut sich darüber, wie schön ein Orchester klingen kann, wenn die Geigen einmal ihren Bogen aus der Hand legen und zuhören müssen…

Eigentlich sollte es vielmehr Kammermusik für Fagott und Bratsche geben – schön, dass bereits im 18. Jahrhundert jemand daran gedacht hat: Felice di Giardini, gemeinsam mit Johann Christian Bach und Carl Friedrich Abel einer der führenden Komponisten des galanten Stils in London. Und nichts weniger als galant sind sie auch, diese drei Duetti, in denen kein Instrument dem anderen die Butter vom Brot nehmen will. Dazu harmonisch abwechslungsreich und voller geistreicher Details, die Melodien voller italienischem Schmelz und obendrein  für heutige Musiker nicht schwer zu spielen. Warum also weiter zögern?


Felice de Giardini
3 Duetti a Fagotto e Viola concerta
Herausgegeben von Helge Bartholomäus
Friedrich Hofmeister Musikverlag
FH 2876



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