Dass
Antonín Dvořák sein einziges
Streichsextett im selben Jahr komponiert hat wie seine Slawischen Tänze, hört man dem Werk an.
1878 entstanden, eröffnet es die „böhmische Periode“ in der Kammermusik des
Komponisten – in ebenso mitreißender wie hoch-romantischer Manier.
Dvořáks Kammermusik lässt sich in zwei große Stilperioden unterteilen.
In der ersten, die bis 1875 reicht, experimentierte der noch kaum bekannte
Komponist unter dem Einfluss Richard Wagners mit Chromatik und neuartigen
Formen. Nach dem Gewinn des Österreichischen Staatsstipendiums 1875 wandte er
sich dem Stilideal von Johannes Brahms zu, der sich fortan als eifriger
Förderer und enger Freund des Komponisten vielfach bewähren sollte. Außerdem
spielte die tschechische Volksmusik von nun an die für seine späteren Werke so
bedeutsame Rolle.
Im
Streichsextett manifestiert sich das „Böhmische“ in vielen Facetten: mal
melancholisch singend wie zu Beginn des ersten Satzes und in der Dumka, mal
mitreißend tänzerisch wie im Scherzo. Mit der Besetzung verneigte sich Dvořák vor seinem Mentor Brahms,
denn in der Gattung des Streichsextetts war es der Hamburger, der die
Musterbeispiele vorgegeben hatte. Dvořák wählte ganz bewusst eine
andere Tonart als Brahms in seinem B-Dur- und G-Dur-Sextett. Das leuchtende
A-Dur wirkt wie ein Nachhall auf Schuberts „Forellenquintett“, wird aber immer
wieder von Mollschatten getrübt.
Nicht
selten erreichen die Streicher orchestrale Klangfülle, die eben auch Brahms
begeisterte: „Es ist unendlich schön.
[...] Diese herrliche Erfindung, Frische und Klangschönheit.“ Bei der
Bezeichnung des zweiten Satzes („Dumka“) bezog sich Dvořák zum ersten mal auf einen ukrainischen
Volksliedtypus, in dem sich elegische und tänzerische Partien abwechseln. Auch
der dritte Satz „Furiant“, ein schneller böhmischer Tanz, sowie das Finale, in
dem ein liedhaftes Thema mit immer neuen Gegen- und Begleitstimmen fünf
Variationen durchläuft, verweisen auf ein national geprägtes Klangidiom.
Schließlich, so Dvořák, seien die Mittelsätze
„von ähnlichem Stil wie die ‚[Slawischen] Tänze‘ oder die Rhapsodien“.
Antonín Dvorák
Streichsextett A-Dur op. 48
Herausgegeben
von Jarmil Burghauser und Antonín Cubr
Bärenreiter
Verlag BA 9566
EUR
25,99
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