„Gewiß ist
auch Salieri fast einzig in
seiner Art zu nennen, wenigstens gewiß der Erste unter den Italiänern, der
seinen eignen Weg geht und über seine Kunst nachzudenken im Stande ist. Er
besitzt zugleich Kenntniß des Theaters und dessen, was hier Wirkung macht, und
wird immer den Ruhm eines der ersten Theater-Componisten behaupten.“
Brockhaus
Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809
Die
Liebe für die Bläser vereinte im späten 18. Jahrhundert so gegensätzliche
Naturen wie Kaiser Joseph II. und den Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus,
Haydns Dienstherrn Fürst Esterházy und Mozarts Erzbischof Colloredo. Als
Kurfürst Max Franz von Köln bei der Kaiserkrönung seines Bruders Leopold in
Frankfurt 1790 ein „Lustlager“ für mehrere Fürsten abhielt, hörte „die
Taffelmusic gar nicht auf, solange sie speiseten”, wie ein sächsischer Offizier
notierte; und Erzbischof Colloredo legte bei der Einstellung eines neuen ersten
Oboisten 1778 Wert darauf, „die blasende Instrumenten wiederum auf jenen Fuss
zu sezen…, wie selbe schon einsmahls waren, um auf Unser Verlangen bey der
Tafel eine Musique mit blasenden Instrumenten erfolgen zu lassen”.
Mozart
ist – als der von Joseph II. durchaus nicht bevorzugte Wiener Meister – nur
einmal für die Bläser des kaiserlichen Hofes in Wien tätig geworden: in einem
Brief aus Wien vom 27. Juli 1782 berichtete er seinem Vater: „ich habe
geschwind eine Nacht Musique machen müssen, aber nur auf harmonie...”.
Doch
nicht nur Mozart wurde von der Nachricht in fieberhafte Eile versetzt, sondern
auch sein Kollege Antonio Salieri, der damals noch nicht kaiserlicher
Hofkapellmeister, sondern nur ein vom Kaiser protegierter Hofkomponist war und
deshalb auf Gunstbeweise angewiesen. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme,
dass seine bislang bekannten Harmoniemusiken für die kaiserlichen Bläser
bestimmt waren, wachte Joseph II. doch eifersüchtig über die musikalischen Wege
seines Schützlings. Und im Gegensatz zu Mozart schrieb er gleich eine ganze
Reihe von „Harmoniestücken“.
Man
hat Salieri in den letzten Jahren Gerechtigkeit widerfahren lassen. Die
(historisch nicht belegbaren) Gerüchte um seine Feindschaft zu Mozart und gar seine
Schuld an dessen frühen Tod haben ihm den Nachruhm so gründlich verhagelt, dass
es zwei Jahrhunderte brauchte, bis sich auch größere Teile der musikalischen
Öffentlichkeit ernsthaft mit seiner Musik auseinandersetzten. Und so erstaunt
es nicht, dass Zug um Zug auch bis dato unbekannte Kompositionen Salieris ans
Tageslicht kommen – wie etwa die hier vorgelegten Bläserserenaden, die in der
Österreichischen Nationalbibliothek ein unbeachtetes Dasein fristeten.
Es
handelt sich um hervorragend gearbeitete Spielmusik zur Unterhaltung, die immer
wieder durch ihren fein ausgehörten Bläsersatz erfreut. Die teils aparten
Klangmischungen erinnern ein wenig an seinen späteren Schüler Franz Schubert,
besonders an dessen 6. Symphonie, in der sich die Bläser des Orchesters
endgültig von den Streichern emanzipieren. Mal werden zwei oder drei
unterschiedliche Klanggruppen einander gegenübergestellt, dann treten wieder
einzelne Instrumente solistisch hervor. Harmonisch ist das – wie so oft bei
Salieri – nicht ganz so originell. Aber einen ähnlichen Befund müssen wir
bekanntlich auch bei Berlioz anstellen, der in den letzten Jahrhunderten oft
genug gespielt worden ist.
Antonio Salieri
Vier
Serenaden für Bläser und Kontrabass
2
Fl, 2 Ob, 2 Hrn, Fag, Kb
Partitur
und Stimmen
Herausgegeben
von Werner Rainer
Doblinger
Diletto Musicale DM 1385
EUR
28,-
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