Samstag, 18. Oktober 2014

Thierry Pécou | Le grain léger für Flöte, Violoncello und Klavier




„Thierry Pécou träumt davon, in der Auseinandersetzung mit Traditionen ‘die ganze Welt zum Klingen zu bringen’ und auf diese Weise den Ritual-Charakter der Musik wiederherzustellen. Eine Musik mit diesem geistigen Hintergrund spricht den Hörer an und nimmt ihn gefangen.“

Jean-Luc Tamby


Thierry Pécou, 1965 in Boulogne-Billancourt bei Paris geboren, studierte am Pariser Konversatorium Klavier sowie Orchestrierung und Komposition. Geprägt durch Einflüsse zeitlich und räumlich entfernter Musikkulturen, beschreitet Pécou individuelle Wege fernab der Avantgarde. Sprache und Gedankenwelt des präkolumbianischen Amerikas und der indianischen Zivilisationen regten ihn zur Komposition der Symphonie du Jaguar an, die 2003 durch das Orchestre National d’Ile de France unter Leitung von HK Gruber zur Uraufführung gelangte und große Beachtung fand. Auch die Kantate Passeurs d’eau aus dem Jahr 2004 ist von der Musik nordamerikanischer Indianer beeinflusst. Weitere Spuren anderer Kulturen wie der des antiken Griechenlands finden sich im Konzertstück Les filles du feu (für Oboe oder Klarinette und Kammerorchester von 1998). In seiner Musik hört man außerdem Anklänge an die Musik Afrikas und des alten Chinas (etwa in La Barque au rêve clair für Erhu und Orchester von 2007), nicht als folkloristische Zitate, sondern als Farben und Andeutungen.

Le grain léger ist typisch französische Musik: intellektuell und elegant, von großem Formgefühl und „scharf gewürzt“. Das zweisätzige Werk lebt vom Kontrast: blockartige Secco-Akkorde des Klaviers und perlende Läufe der Flöte, scharfe ponticello-Sounds des Cellos, impressionistische Klangflächen gegen brütende Adagios, die so klingen, wie Rheinberger nach vier Gläsern Absinth komponiert hätte… oder Max Reger im nüchternen Zustand, wenn er Franzose gewesen wäre. Und typisch französisch scheint mir auch das Vorwort, dessen Formulierungen in den obersten Dachgeschossen des IRCAM ersonnen worden zu sein scheinen: „Ringmodulationsspektren bilden die harmonische Grunddisposition des ersten Satzes, auch wenn sich diese zudem auf eine wohltemperierte Stimmung in Halbtönen bezieht. Gleich einem tiefen Atemzug wird diesem ersten Satz durch vielfache Überschneidungen, Registerkontraste und pfeilschnelle Läufe Leben eingehaucht.“

Glauben Sie mir – ich habe es nachgeschlagen: Niemand scheint zu wissen, was „Ringmodulationsspektren“ sind…


Thierry Pécou
Le grain léger für Flöte, Violoncello und Klavier
Schott Music ED 21 662
EUR 25,-



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