„Ich komme aus zwei verschiedenen Klassen: Mein Vater war Philosoph, meine Mutter Arbeiterin, seine Familie war jüdisch, die meiner Mutter christlich.“
HANNS EISLER
Die DDR – der er eine der schönsten Nationalhymnen überhaupt geschrieben hatte – mochte er zuletzt gar nicht mehr. Was sollte einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, der mit literarischen Größen wie Kurt Tucholsky und Bertolt Brecht gearbeitet hatte, ein Meisterschüler von Arnold Schönberg aber auch in einem Land anfangen, das von so fragwürdigen Gestalten wie Walter Ulbricht und Wilhelm Pieck beherrscht wurde? Es waren wohl seine Freunde und Familie, die ihn in der DDR hielten. Er hatte ja seinen österreichischen Pass und hätte jederzeit ausreisen können.
„Dass man mit der Zwölftontechnik in einer einfachen, leichtverständlichen, logischen Weise musizieren kann“, wollte Hanns Eisler mit seiner 1934 im Pariser Exil komponierten Klaviersonatine beweisen. Dabei hatte sich der 36jährige bis dato gar nicht als „Neutöner“ exponiert, sondern sich vor allem einen Namen als Komponist schwungvoller Arbeiterchöre („Der rote Wedding“) und politischer Lieder, von Bühnen- und Filmmusik gemacht.
Aber es passt schon zu Eisler, der im Privatleben ein durchaus diskussionsfreudiger (wenn nicht gar pedantischer) Zeitgenosse gewesen sein muss, dass er auch in dieser Frage mitreden wollte. Oder: Seien wir ganz ehrlich – demonstrieren wollte, wie man’s richtig macht. So viel gesundes Selbstbewusstsein besaß er schon…
Wie macht man’s denn nun? Zunächst einmal, indem man die zugrundliegende Reihe so konstruiert, dass ihre dodekaphonische Struktur überhaupt nicht mehr zu erkennen ist. Die ersten beiden Takte täuschen a-moll vor, eine Illusion, die erst im dritten Takt aufgehoben wird, der den Blick freigibt auf eine moderne Klanglandschaft. Die Musik der viersätzigen Sonatine kleidet sich in das Gewand der Frühklassik, ist oft zweistimmig, selten dreistimmig und pflegt eine klare und übersichtliche Sprache. Freilich rieselt hier auch schon der Staub aus den Kleidern, wenn man einmal tüchtig klopft.
Ansonsten ist aber alles dran: ein Kopfsatz mit zwei Themen, einer kleinen Durchführung und Reprise; ein Scherzo, das – ohne wirklich schwer zu sein – mit großer virtuoser Geste daherkommt; ein liedhaftes Larghetto und ein neckisches Rondofinale. Und das alles aus einem Guss, respektive aus einer einzigen Reihe, die bereits in den ersten fünf Takten des ersten Satzes vollständig präsentiert wird. Ja, so kann man’s machen!
Hanns Eisler
Sonatine op. 44 „Gradus ad parnassum“
Edition Peters 10393a
EUR 7,80
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