Ignaz Pleyel | Trio in e für 2 Violinen und Violoncello | Herausgegeben von Peter Erhart | Partitur und Stimmen | Doblinger Diletto Musicale DM 1408 | EUR 19,90
Quartetto in D für Flöte (Violine), Violine, Viola und Violoncello | Herausgegeben von Peter Erhart | Partitur | Doblinger Diletto Musicale DM 1409 | EUR 13,90
Lange hat es gedauert, bis sich der Blick der musikalischen Welt vom Zentrum der Musikgeschichte an die Peripherie verlagerte. Die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einsetzende Vergewisserung des musikalischen Erbes und die damit verbundene Wiederentdeckung jener Komponisten, die man etwas abschätzig als „Kleinmeister“ bezeichnete. Wer wollte neben Mozart und Haydn, Schumann und Brahms, Wagner und Bach schon bestehen? Inzwischen haben vor allem eine Großzahl hervorragender Aufnahmen sogenannter Spezialisten für „Alte Musik“ dafür gesorgt, dass wir nicht nur die Musik der Großmeister kennen, sondern auch die von Johann Baptist Vanhal, Michael Haydn und den Bachsöhnen Johann Christian und Carl Philipp Emanuel, von Fanny Hensel und Heinrich von Herzogenberg. Wir lesen beispielsweise Telemann neu und erkennen in ihm allmählich den musikalischen Revolutionär, der die große Geste ebenso sicher beherrschte wie Händel, ohne jedoch wie dieser das gleiche Stück sechzig Mal zu schreiben. Ein Kleinmeister?
Vielleicht ist es einfach an der Zeit, der merkwürdig deutschen Unterscheidung in „große“ und „kleine“ Komponisten endgültig „Lebewohl“ zu sagen. Wie fragil diese Kategorisierung zu allen Zeiten war, lässt sich daran ermessen, dass selbst Joseph Haydn lange Zeit nur als „Nebenmeister“ Mozarts galt – und jener allerhöchstens einmal in der Jupitersymphonie „beinahe beethoven’sche Höhen“ erreichte.
Ignaz Pleyel studierte bei Vanhal und Haydn, wurde 1777 Kapellmeister beim Grafen Erdödy, 1789 erster Kapellmeister am Straßburger Münster und 1792 Leiter der „Professional Concerts“ in London. 1795 übersiedelte er nach Paris, wo er eine Musikalienhandlung und 1807 die noch heute bestehende Klavierfabrik gründete. Er komponierte rund 60 Sinfonien, 60 Streichquartette, zwei Opern (eine davon – die „Fee Urgèle“ – für Marionettentheater), etliche Kammermusikwerke und natürlich Kirchenmusik –das übliche Pensum eines Komponisten der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Was hat uns also Ignaz Pleyel zu sagen? Eine ganze Menge, wenn man sich den von Peter Erhart vorgelegten Kammermusikwerken widmet: Wer ein so perfekt proportioniertes Rondo wie jenes aus dem Quartett in D-Dur zu schreiben in der Lage ist und dabei so viel Liebe zum überraschenden Detail verrät, der ist ein Meister aus eigenem Recht und kein Verfertiger musikalischer Dutzendware. Jeder dieser sechs Sätze ist eine Entdeckung: man staunt über die Logik und Stringenz, mit der Pleyel seine originellen Themen und Motive zu immer wieder neuen überraschenden Gesten und Wendungen kombiniert. Diese Musik wirkt so frisch wie an ihrem ersten Tag und demonstriert eindrucksvoll, dass nicht nur Haydn und Mozart sich auf die Kunst verstanden, drei oder vier vernünftige Leute sich miteinander unterhalten zu lassen. Und wenn Ihnen diese Empfehlung noch nicht reicht, lassen wir einem zeitgenössischen Kollegen das Schlusswort. 1784 schrieb der ein Jahr ältere Wolfgang Amadé Mozart seinem Vater über Pleyels Quartette: „Dann sind dermalen Quartetten heraus von einem gewissen Pleyel; dieser ist ein Scholar von Joseph Haydn. Wenn sie selbige noch nicht kennen, so suchen Sie sie zu bekommen. Es ist der Mühe werth. Sie sind sehr gut geschrieben, und sehr angenehm.“
Quartetto in D für Flöte (Violine), Violine, Viola und Violoncello | Herausgegeben von Peter Erhart | Partitur | Doblinger Diletto Musicale DM 1409 | EUR 13,90
Lange hat es gedauert, bis sich der Blick der musikalischen Welt vom Zentrum der Musikgeschichte an die Peripherie verlagerte. Die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einsetzende Vergewisserung des musikalischen Erbes und die damit verbundene Wiederentdeckung jener Komponisten, die man etwas abschätzig als „Kleinmeister“ bezeichnete. Wer wollte neben Mozart und Haydn, Schumann und Brahms, Wagner und Bach schon bestehen? Inzwischen haben vor allem eine Großzahl hervorragender Aufnahmen sogenannter Spezialisten für „Alte Musik“ dafür gesorgt, dass wir nicht nur die Musik der Großmeister kennen, sondern auch die von Johann Baptist Vanhal, Michael Haydn und den Bachsöhnen Johann Christian und Carl Philipp Emanuel, von Fanny Hensel und Heinrich von Herzogenberg. Wir lesen beispielsweise Telemann neu und erkennen in ihm allmählich den musikalischen Revolutionär, der die große Geste ebenso sicher beherrschte wie Händel, ohne jedoch wie dieser das gleiche Stück sechzig Mal zu schreiben. Ein Kleinmeister?
Vielleicht ist es einfach an der Zeit, der merkwürdig deutschen Unterscheidung in „große“ und „kleine“ Komponisten endgültig „Lebewohl“ zu sagen. Wie fragil diese Kategorisierung zu allen Zeiten war, lässt sich daran ermessen, dass selbst Joseph Haydn lange Zeit nur als „Nebenmeister“ Mozarts galt – und jener allerhöchstens einmal in der Jupitersymphonie „beinahe beethoven’sche Höhen“ erreichte.
Ignaz Pleyel studierte bei Vanhal und Haydn, wurde 1777 Kapellmeister beim Grafen Erdödy, 1789 erster Kapellmeister am Straßburger Münster und 1792 Leiter der „Professional Concerts“ in London. 1795 übersiedelte er nach Paris, wo er eine Musikalienhandlung und 1807 die noch heute bestehende Klavierfabrik gründete. Er komponierte rund 60 Sinfonien, 60 Streichquartette, zwei Opern (eine davon – die „Fee Urgèle“ – für Marionettentheater), etliche Kammermusikwerke und natürlich Kirchenmusik –das übliche Pensum eines Komponisten der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Was hat uns also Ignaz Pleyel zu sagen? Eine ganze Menge, wenn man sich den von Peter Erhart vorgelegten Kammermusikwerken widmet: Wer ein so perfekt proportioniertes Rondo wie jenes aus dem Quartett in D-Dur zu schreiben in der Lage ist und dabei so viel Liebe zum überraschenden Detail verrät, der ist ein Meister aus eigenem Recht und kein Verfertiger musikalischer Dutzendware. Jeder dieser sechs Sätze ist eine Entdeckung: man staunt über die Logik und Stringenz, mit der Pleyel seine originellen Themen und Motive zu immer wieder neuen überraschenden Gesten und Wendungen kombiniert. Diese Musik wirkt so frisch wie an ihrem ersten Tag und demonstriert eindrucksvoll, dass nicht nur Haydn und Mozart sich auf die Kunst verstanden, drei oder vier vernünftige Leute sich miteinander unterhalten zu lassen. Und wenn Ihnen diese Empfehlung noch nicht reicht, lassen wir einem zeitgenössischen Kollegen das Schlusswort. 1784 schrieb der ein Jahr ältere Wolfgang Amadé Mozart seinem Vater über Pleyels Quartette: „Dann sind dermalen Quartetten heraus von einem gewissen Pleyel; dieser ist ein Scholar von Joseph Haydn. Wenn sie selbige noch nicht kennen, so suchen Sie sie zu bekommen. Es ist der Mühe werth. Sie sind sehr gut geschrieben, und sehr angenehm.“
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