Mittwoch, 9. Februar 2011

Märchenhafte Bratschenmusik: Johan Severin Svendsen, Romanze G-Dur


Das Leben von Johan Severin Svendsen gleicht einer romantischen Geschichte, wie sie von Hans Christian Andersen hätte erfunden sein können. Der 1840 im norwegischen Christiana geborene Musik gehörte als junger Geiger zu den größten Hoffnungen seiner Nation und erhielt wegen seines außerordentlichen Talentes ein königliches Stipendium für das in der musikalischen Welt damals führende Leipziger Konservatorium. Der 23jährige wurde von Ferdinand David (für den sein Freund Felix Mendelssohn das berühmte Violinkonzert geschrieben hatte) im Geigenspiel und Dirigieren unterrichtet, studierte Komposition bei Carl Reinecke, Musiktheorie bei Moritz Hauptmann und Kontrapunkt bei Ernst Friedrich Richter. Doch eine Erkrankung an der Hand beendete die Solistenkarriere frühzeitig und zwang Svendsen, sich –ähnlich wie Robert Schumann – verstärkt dem Komponieren zuzuwenden. Und anders als Schumann feierte er auch als Dirigent große Erfolge.



Während die Musik von Johan Severin Svendsen in Norwegen häufig gespielt wird und auch auf Tonträgern gut dokumentiert ist, dürfte sie für den mitteleuropäischen Musikfreund eine angenehme Entdeckung darstellen. Seine beiden Symphonien, die beiden Konzerte für Violine und Violoncello, seine norwegischen Rhapsodien oder die programmatischen Orchesterstücke atmen die klare Luft Skandinaviens und finden einen ganz eigenen Tonfall, der sich kaum mit dem Altersgenossen Edvard Grieg vergleichen lässt, mit dem Svendsen befreundet war. Mit der ruhigen Geduld und großzügigen Gelassenheit, in der er etwa in den Rhapsodien musikalische Ereignisse in Gang setzt, wirkt Svendsen wie der heitere Bruder von Anton Bruckner und Jean Sibelius. Vieles weist auch auf Ralph Vaughan Williams voraus und bleibt doch unverwechselbar eigen. Hier sind noch viele Entdeckungen zu machen – und dies besonders im Bereich der Kammermusik, die noch längst nicht verlegerisch erschlossen ist.



Seinen kleinen Anteil an der Unsterblichkeit erlangte Svendsen jedoch mit der in zwei Tagen niedergeschriebenen Romanze G-Dur für Violine und Orchester, die sich von der Uraufführung bis heute anhaltender Beliebtheit erfreut. Es ist ein frisches und anmutiges Werk, dessen Solopart von ambitionierte Laien gut zu bewältigen ist. Dies gilt sowohl für die Originalfassung als auch für die hier vorliegende Bearbeitung für Bratsche und Klavier. Während die Klavierbearbeitung vom Komponisten selbst stammt und sehr idiomatisch klingt, wurde die Solostimme von den Herausgebern behutsam an die Klanglichkeit der Bratsche angepasst und mit Fingersätzen und Bogenbezeichnungen versehen. Eine echte Bereicherung des romantischen Bratschenrepertoires, das so oft düster-vergrübelt daherkommt. Hier ist ein leichtes und luftiges Sommerstück! 




Johan Severin Svendsen
Romanze G-Dur op. 26
Viola und Klavier
Herausgegeben von Semjon und Bella Kalinowsky
Edition Peters
EP 9016a

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