Montag, 12. August 2013

Ernst Bartmann, Manuel del Roo und Josef Irgmaier | New Sounds Cookbook



„Uns gefällt die Vorstellung, das New Sounds Cookbook als Rezeptbuch in einer brodelnden und gefährlich qualmenden Hexenküche zu sehen, in der nach den Vorgaben der Komponisten mit den vorhandenen Instrumenten herrliche, unheimliche, betörende und unerhörte Klänge zum Leben erweckt werden.“

Markus Heinze

Drei Komponisten. Dreimal zwölf Stücke. Dreimal zwölf identische Aufgabenstellungen, die es zu lösen gilt: Das ist das Erfolgsrezept dieses von Ernst Bertmann, Manuel de Roo und Josef Irgmaier vorgelegten „Kochbuchs für Neue Klänge“. Die Aufgabenstellung: Musikbausteine für das (pädagogisch motivierte) Ensemblespiel zu erfinden, die das jugendliche Zielpublikum mit Klängen, Spielweisen und Techniken der Neuen Musik vertraut machen und die zugleich in jeder denkbaren Besetzung und Kombination von Instrumenten aufführbar sein sollen.

Was im Sommer 2004 zunächst mit einem Projekt der Kompositionsklasse Reinhard Febel am Salzburger Mozarteum und der Musikschule der Stadt Burghausen begann – Absolventen der Kompositionsklasse sollten neue Musik für Kinder und Jugendliche im Alter von 9 bis 16 Jahren schreiben – findet nun seinen Niederschlag in gedruckter Form. Dabei überzeugt neben der musikalischen Qualität aller 36 Stücke (die für ein „Schulwerk“ außergewöhnlich hoch ist) vor allem das hinter dieser Sammlung stehende Konzept.

Mit der Aufgabe konfrontiert, jeweils ein Dutzend Stücke für den Instrumentalunterricht zu schreiben, setzten sich die drei Komponisten für jedes der zwölf Stücke ein Ziel: Es sollte jeweils einer bestimmten Idee, einem Schlagwort nachgespürt werden – wenn man so will, sollte ein musikalisches Arbeitsziel erreicht werden. Unisono. Kanon. Zusammenklang. Tanz. Zwiefacher (natürlich, die Österreicher). Text. Kontrast. Minimal Music. Raum. Variable Form. Ohne Takt. Pausen. Das sind die „Arbeitstitel“ der dreimal zwölf Stücke und deuten an, welcher musikalischen Idee bevorzugt nachgegangen werden soll. Grundlegende musikalische Parameter werden gewissermaßen von anderen Ideen isoliert und unter der Lupe betrachtet: Wie kann „minimal music“ klingen – vierzig Jahre nach ihrer Erfindung? Was bedeutet der Begriff „Zusammenklang“ in der Musik unserer zeit, was bedeutet der Begriff Akkord in der Neuen Musik? Wie verändert der Raum, in dem ein Ensemble spielt, dessen eigenes Spiel – und wie kann er als gestaltendes Element nutzbar gemacht werden?

Weil nun jeder der Autoren einen anderen und persönlichen Lösungsansatz verfolgt, lässt sich an den Stücken des New Sounds Cookbook zeigen, in welchen unterschiedlichen Gewandungen Neue Musik heutzutage auftreten kann. Zugleich ergeben sich auf natürliche Weise Bezüge der einzelnen Stücke untereinander, da jede Idee in dreimal unterschiedlicher Ausformung vertreten ist.

Aufgrund der besonderen Natur dieser Sammlung liegt dem New Sounds Cookbook eine CD mit allen Partituren und Stimmen (in unterschiedlichen Transpositionen) im PDF-Format bei, die nach Belieben und Bedarf ausgedruckt werden können. Das wirtschaftliche Risiko, das Ricordi dabei eingeht (immerhin kann eine CD in Windeseile kopiert werden), wird hoffentlich durch die Einsicht wettgemacht, dass ein solches Buch bislang tatsächlich gefehlt hat. Für seine überlegte Konzeption und die brillante Umsetzung hat das New Sounds Cookbook (verständlicherweise und völlig zu Recht) in diesem Jahr den Deutschen Musikeditionspreis erhalten. 


Ernst Bartmann, Manuel del Roo und Josef Irgmaier
New Sounds Cookbook
Ricordi Sy. 2795



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