„Uns gefällt die Vorstellung, das New Sounds Cookbook als Rezeptbuch in
einer brodelnden und gefährlich qualmenden Hexenküche zu sehen, in der nach den
Vorgaben der Komponisten mit den vorhandenen Instrumenten herrliche,
unheimliche, betörende und unerhörte Klänge zum Leben erweckt werden.“
Markus Heinze
Drei Komponisten. Dreimal zwölf Stücke. Dreimal zwölf
identische Aufgabenstellungen, die es zu lösen gilt: Das ist das Erfolgsrezept
dieses von Ernst Bertmann, Manuel de Roo und Josef Irgmaier vorgelegten „Kochbuchs
für Neue Klänge“. Die Aufgabenstellung: Musikbausteine für das (pädagogisch
motivierte) Ensemblespiel zu erfinden, die das jugendliche Zielpublikum mit
Klängen, Spielweisen und Techniken der Neuen Musik vertraut machen und die
zugleich in jeder denkbaren Besetzung und Kombination von Instrumenten
aufführbar sein sollen.
Was im Sommer 2004 zunächst mit einem Projekt der
Kompositionsklasse Reinhard Febel am Salzburger Mozarteum und der Musikschule
der Stadt Burghausen begann – Absolventen der Kompositionsklasse sollten neue
Musik für Kinder und Jugendliche im Alter von 9 bis 16 Jahren schreiben – findet
nun seinen Niederschlag in gedruckter Form. Dabei überzeugt neben der
musikalischen Qualität aller 36 Stücke (die für ein „Schulwerk“ außergewöhnlich
hoch ist) vor allem das hinter dieser Sammlung stehende Konzept.
Mit der Aufgabe konfrontiert, jeweils ein Dutzend Stücke
für den Instrumentalunterricht zu schreiben, setzten sich die drei Komponisten
für jedes der zwölf Stücke ein Ziel: Es sollte jeweils einer bestimmten Idee,
einem Schlagwort nachgespürt werden – wenn man so will, sollte ein
musikalisches Arbeitsziel erreicht werden. Unisono. Kanon. Zusammenklang. Tanz.
Zwiefacher (natürlich, die Österreicher). Text. Kontrast. Minimal Music. Raum.
Variable Form. Ohne Takt. Pausen. Das sind die „Arbeitstitel“ der dreimal zwölf
Stücke und deuten an, welcher musikalischen Idee bevorzugt nachgegangen werden
soll. Grundlegende musikalische Parameter werden gewissermaßen von anderen
Ideen isoliert und unter der Lupe betrachtet: Wie kann „minimal music“ klingen
– vierzig Jahre nach ihrer Erfindung? Was bedeutet der Begriff „Zusammenklang“
in der Musik unserer zeit, was bedeutet der Begriff Akkord in der Neuen Musik?
Wie verändert der Raum, in dem ein Ensemble spielt, dessen eigenes Spiel – und
wie kann er als gestaltendes Element nutzbar gemacht werden?
Weil nun jeder der Autoren einen anderen und persönlichen
Lösungsansatz verfolgt, lässt sich an den Stücken des New Sounds Cookbook
zeigen, in welchen unterschiedlichen Gewandungen Neue Musik heutzutage
auftreten kann. Zugleich ergeben sich auf natürliche Weise Bezüge der einzelnen
Stücke untereinander, da jede Idee in dreimal unterschiedlicher Ausformung
vertreten ist.
Aufgrund der besonderen Natur dieser Sammlung liegt dem
New Sounds Cookbook eine CD mit allen Partituren und Stimmen (in
unterschiedlichen Transpositionen) im PDF-Format bei, die nach Belieben und
Bedarf ausgedruckt werden können. Das wirtschaftliche Risiko, das Ricordi dabei
eingeht (immerhin kann eine CD in Windeseile kopiert werden), wird hoffentlich
durch die Einsicht wettgemacht, dass ein solches Buch bislang tatsächlich
gefehlt hat. Für seine überlegte Konzeption und die brillante Umsetzung hat das
New Sounds Cookbook (verständlicherweise und völlig zu Recht) in diesem Jahr
den Deutschen Musikeditionspreis erhalten.
Ernst Bartmann,
Manuel del Roo und Josef Irgmaier
New Sounds Cookbook
Ricordi Sy. 2795
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