Donnerstag, 22. August 2013

Istvan Horvath-Thomas | Sportszenen – 6 Humoresken für Klavier solo




Istvan Horvath-Thomas ist 1948 im ungarischen Pecs geboren und hat dort zunächst Orgel und Klavier studiert,  später Komposition in Budapest. 1972 gastierte er mit einem Klaviertrio in Wiesbaden und kehrte– da war die Politik der Entspannung in Ungarn schon weit vorangeschritten – seiner Heimat endgültig den Rücken. Es folgten die üblichen Stationen eines Musikerlebens: Konzerte als Solist und Kammermusikpartner, Aufnahmen für Rundfunk und Schallplatte und ein paar Aufführungen seiner Werke. 1989 erhielt  er eine Auszeichnung für seine Sinfonietta für grosses Orchester und war zwei Jahre später Gast der Lettischen Philharmonie in Riga, wo sein Chorwerk Kreuzweg im Dom uraufgeführt wurde.

Wir finden  in seiner Musik Parallelen zur ungarischen Musik der Moderne – wobei hier eher das Vorbild Zoltán Kodály als Béla Bartók hervorscheint. Man spürt den versierten Praktiker und Pädagogen in jedem Takt  heraus:  Horvath-Thomas weiß, was auf dem Klavier gut klingt und auch für wenig erfahrene Klavierspieler zu machen ist. Seine musikalische Sprache ist tonal und übersichtlich; kein Akkord, den nicht auch bereits Robert Schumann verwendet hätte.

Sein schräger Humor, der ihn auch mit dem älteren Landsmann György Ligeti verbindet, erweist sich unter anderem in der Wahl seiner Titel: „Sportszenen“ und „Studien zur Verhaltensforschung“ – im post-post-modernen 21. Jahrhundert ist alles erlaubt.

Werfen wir einen Blick in die beiden Hefte:  „Sportszenen“, das ist komponiertes Olympia (weshalb wohl auch die Satzüberschriften in französischer Sprache mitgeteilt sind – dem seligen Baron de Coubertin zum Angedenken): klar, dass die linke Hand beim „Tischtennis“ beständige Sprünge von der einen auf die andere Seite der Klaviatur zu leisten hat (während die rechte in unbeirrten Sechzehnteln den Ball laufen lässt). Eine gewichtige Armada von vollgriffigen B-Dur-Akkorden lässt die „Ringer“ auftreten, der „100-meter-Schnelllauf“ ist selbstverständlich unter zehn Sekunden zu spielen, beim „Fechten“ heißt es auf Zack zu sein und die akzentuierten Sekundgriffe (wer denkt da nicht an den „Sekundanten“?) zielgenau zu setzen, bevor ein furioses Oktavengewitter den Eindruck erweckt, hier hätten die wattierten Florettfechter das Instrument gewechselt und prügelten stattdessen mit schottischen Zweihändern aufeinander ein. Ein großes Vergnügen für bewegungsaffine Pianisten und eine tolle Sammlung von Stücken für Unterricht und Vorspielabend. Für ein „richtiges“ Konzert eventuell etwas zu leichtgewichtig – aber wenn man es mit Rossini koppeln würde…

Die „Studien zur Verhaltensforschung“ scheinen für ein etwas jüngeres Publikum geschrieben zu sein. „Spiel mit dem Ball“, „Fahrt mit der Eisenbahn“, Traurig“, „Unbändig“, „Verzicht“, „Unruhe“ – das sind mehr oder minder die klassischen Sujets der Klavierpädagogik. Der erste Eindruck ist der eines bunten stilistischen Panoptikums: Anklänge an Jazz- und Pop-Harmonien durchziehen das „Ballspiel“, Schumann’sche Sperrigkeit begegnet uns in den eigenwilligen Synkopen der ausdrücklich als „Etüde“ gekennzeichneten „Unruhe“, volksliedhafte Melancholie mit hohem Balkan-Einschlag in „Traurig“ oder eine fröhliche „Dur-Feier“ in der „Fahrt mit der Eisenbahn“. Leichter zu spielen als die mittelschweren „Sportszenen“ eignen sie sich ebenfalls für den Unterricht und dürften nach einem Schüler am Ende des zweiten Jahres keine Rätsel mehr aufgeben.


Istvan Horvath-Thomas
Sportszenen – 6 Humoresken für Klavier solo (NM 773)
Studien zur Verhaltensforschung (NM 774)
Verlag Neue Musik
EUR 18,80 (NM 773) / EUR 9,50 (NM 774)



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