So wie das Streichquartett nicht nur von Joseph Haydn im
Alleingang erfunden wurde, hat auch die nah verwandte Gattung des
Streichquintetts mehrere Väter. Einer von ihnen ist Ignaz Pleyel, dessen 250.
Geburtstag in diesem Jahr zwar weitgehend unbeachtet geblieben ist, jedoch
zumindest mit einer ganzen Reihe neuer Veröffentlichungen gewürdigt wird. Das
von Tilman Sieber für die Edition Schott herausgegeben Streichquintet g-moll
gehört zu seinen am häufigsten gespielten Werken und kann bereits auf eine
reiche Editionsgeschichte zurückblicken. Es ist das zweite einer Sammlung von
drei Streichquintetten, die Pleyel 1786 bei Hoffmeister in Wien erscheinen
lässt und an dem sich nicht nur der Übergang von den fünfstimmigen
Streichersinfonien des 1770er und 1780er Jahre zum solistisch besetzten
Streichquintett (mit zwei Bratschen) ablesen lässt. Sie stellen zugleich den
ersten großen Versuch dar, den Divertimento-Charakter früherer
Quintettkompositionen hinter sich zu lasen und die von Haydn (in seinen
Streichquartetten op. 33) gefundene „neue Art“ Themen zu erfinden und zu
verarbeiten auch für diese Besetzung zu etablieren.
Wie gestaltet sich nun diese „neue Art“ im vorliegenden
G-Moll-Quintett? Zunächst einmal darin, dass– ähnlich wie in Haydns Opus 33 –
der Durchführungsteil des ersten Satzes ganz aus dem Material des Hauptthemas
gespeist wird. Die Art und Weise, in der Pleyel dabei keinen technischen
Kunstgriff auslässt und den Themenkopf durch Imitation, Sequenzierung,
Verkürzung, rhythmische und tonale Veränderung und Umkehrung in immer wieder
neuem Licht erscheinen lässt, zeigt ihn als souveränen Meister auf der Höhe
seines Könnens.
Leider verzichtet die Einzelausgabe auf einen Kritischen
Bericht und bietet lediglich eine aphoristisch anmutende Auflistung der
verwendeten Quellen –dem interessierten Kammermusiker bleibt also der Weg in
die (hoffentlich gut sortierte) Bibliothek nicht erspart, um sich für den Fall
einer weiter gehenden Auseinandersetzung mit diesem Stück in der (ebenfalls bei
Schott erschienenen) Denkmäler-Gesamtausgabe zu informieren.
Ignaz Pleyel
Streichquintett g-moll
2 Violinen, 2 Violas und Violoncello
Herausgegeben von Tilman Sieber
Edition Schott
ED 20117
EUR 29,95
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