Montag, 12. August 2013

Ursula Mamlok, Streichquartett Nr. 2




Die Lebensgeschichte von Ursula Mamlok steht exemplarisch für Millionen zerschnittener oder für immer beendeter Biographien aus dem tausendjährigen Reich. Im bürgerlichen Berliner Stadtteil Charlottenburg als Ursula Lewy geboren, in der Schillerstraße aufgewachsen und in der Pestalozzistraße zur Schule gegangen, ist bereits das junge Mädchen von der Musikwelt der Hauptstadt  fasziniert. 1939 flüchtet die jüdische Familie nach Amerika, wo Ursula nach einem langen und abenteuerlichen Weg in New York landet. Im August 1940 kam sie als 17-Jährige in Manhattan an. „New York war wie Berlin. Eine Großstadt, in der es jeden Abend Konzerte gab“, sagt sie, auch wenn sie sich die damals nicht leisten konnte. Sie trug noch dieselben Kleider, die sie aus Berlin mitgenommen hatte und sah aus wie ein Kind und nicht wie eine junge Frau, die ihr Glück suchte.

Zwei Jahre später hat sie so viel Geld gespart, dass sie sie ihre Familie nachholen kann. Aus Ursula Lewy wird Ursula Lewis – und wenig später Ursula Mamlok. Da hat sie Dwight Mamlok kennen gelernt, der eigentlich Dieter heißt und vor den Nazis aus Hamburg geflüchtet ist. Zwei deutsche Emigranten im amerikanischen Exil.  Komponistin will sie werden und erhält schließlich Kompositionsunterricht  bei einem anderen Berliner in New York, bei Stefan Wolpe, der ihr die Musik von Arnold Schönberg und Anton Webern aufschließt. Seitdem hat sie sich der 12-Ton-Musik verschrieben.

Im Jahr 2007 ist sei, hoch in den Achtziger, längst etabliert. Eine gefragte Komponistin und Lehrerin, die vor allem Kammermusik schreibt. Ihr neues Streichquartett ist eine Auftragskomposition der Harvard University und vereint amerikanische Ostküsteneleganz mit der seriellen Schreibweise der Wiener Schule. Der Charakter des Werkes ist eher heiter, dazu trägt auch der aufgelockerte Satz und die unaufgeregte Tonsprache zurück. Wenn jemals eine Musik Züge von Weisheit und Milde getragen hat, dann hier. Dies Musik muss nichts mehr beweisen, sie ist einfach da – auch wenn sich in das Larghetto der eine oder andere dunkle Unterton eingeschlichen hat.


Ursula Mamlok
Streichquartett Nr. 2
Edition Peters EP 67863
EUR 22,-



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